Anträge der SPD Heusenstamm

Antrag zur Umstellung der Pflege öffentlicher Grünflächen

Gemeinsamer Antrag von SPD und VOLT

Beschlussvorschlag:

1. Aus Gründen des Insektenschutzes und unter Beachtung der Biodiversität wird die Pflege öffentlicher Grünflächen im Stadtgebiet auf eine zweischürige Mahd umgestellt.

2. In diesem Sinne wird die Verwaltung beauftragt, die notwendigen Gerätschaften (Balkenmäher) und gegebenenfalls entsprechendes Saatgut - wie es sich aus der Begründung ergibt - anzuschaffen.

Blühwiese - klein

Begründung:

Insektensterben, Biodiversitätsverlust und Klimawandel sind mittlerweile Begriffe, mit denen wir täglich konfrontiert werden. Das Ringen, um diese negativen Entwicklungen zu stoppen, findet auf allen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Ebenen statt. Besiedelte Gebiete, Dörfer, Städte und Gemeinden stellen einen zunehmend wichtigeren Ersatzlebensraum für Insekten dar, der genutzt werden muss, um den rapiden Rückgang von bis zu 2/3 in den letzten 10 Jahren zu stoppen.
Die naturschutzfachliche Optimierung der Grünflächenpflege unter dem Gesichtspunkt der Erhöhung der Biodiversität, auch im Siedlungsbereich, ist hierbei ein wichtiger Faktor. Wenig genutzte innerstädtische Flächen werden dabei auf ein zweischüriges Mahdregime umgestellt, um so artenreiche Wiesen zu etablieren und zu erhalten.

Die Umstellung des Pflegemanagements hin zu einem extensiven Mahdkonzept ist das beste Mittel, um die Insektendiversität zu steigern. Diese Methode ist sowohl unter Kostengesichtspunkten als auch bezüglich der Effektivität die beste und nachhaltigste.

Bei großflächiger Aussaat reiner Blühflächen würden zum einen höhere Kosten entstehen, zum anderen würde auch die Funktion eines Wiesenökosystems nicht beachtet. Insbesondere Heuschrecken benötigen in ihren unterschiedlichen Lebensabschnitten die verschiedenen Grasschichten (Ober-, Mittel- und Untergräser) einer Wiese, die eine „Blühmischung“ oder „Bienenweide“, nicht zur Verfügung stellen kann.

Eine Wiese aus heimischen Wildpflanzen, die nur zweimal im Jahr gemäht wird, schafft mit Hilfe ihrer höheren Vegetation - den „Stockwerken“ - nicht nur ein gesundes Mikroklima, sondern auch „ökologische Nischen“ für eine Artenvielfalt im Boden und an der Oberfläche.

Ihre Wasserspeicherkapazität ist, durch den erhöhten Humusanteil, deutlich höher als die eines Vielschnitt-Rasens (Parkrasen), dessen Boden im Sommer oft komplett austrocknet und das Regenwasser dann beinahe gar nicht mehr aufnehmen kann. Bei den immer häufiger auftretenden Starkregenereignissen ist dies eine wichtige Funktion, um die Kanalisation zu entlasten und Überschwemmungen vorzubeugen. Das aufgenommene Wasser wird dann zur Kühlung der Stadt langsam wieder abgegeben.

Gesunde Böden sind die wichtigsten Kohlenstoffspeicher unserer Erde und tragen somit wesentlich zum Klimaschutz bei. Bis zu 6 Tonnen CO2 werden in Wiesen und Wäldern pro Hektar bepflanzter Fläche gebunden während rund 4 Tonnen Sauerstoff freigesetzt werden.

Studien belegen zudem den positiven Einfluss der Natur auf den Menschen. Naturkontakt hilft z.B. Aggressionen und Ängste abzubauen und fördert die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit der Menschen. Sie reduziert Stress und senkt somit die Kosten des Gesundheitswesens.


Wir gehen davon aus, dass die einfache Umstellung der Flächenpflege hin zu einer zweischürigen Mahd (Ende Juni und Ende September) mit Abräumen des Mahdgutes, keine weiteren Kosten verursacht.
(Siehe Abbildung 1). In der Regel kostet ein intensiv gepflegter Rasen, der 6x im Jahr gemäht wird, genauso viel wie eine extensive zweischürige Mahd mit Abräumen.


Bei jeder Mahd sollten 10% der Fläche als sogenannter „Altgrasstreifen“ stehen bleiben, um den Insekten einen Rückzugsort zu bieten, von dem aus sie dann die nachwachsende Wiese erneut besiedeln können. Mit Hilfe eines derartigen Pflegekonzeptes konnten bei einer Studie in Tübingen die Wildbienenarten um 80% und Käferarten um 50% gesteigert werden.

Das Mahdgut bleibt ca. zwei Wochen auf den Flächen liegen, damit die Insekten sich in den Altgrastreifen zurückziehen können und damit Pflanzen noch die Möglichkeit haben, eine sogenannte Notsamung einzuleiten.

Die Mahd sollte unbedingt mit Hilfe eines Balkenmähers durchgeführt, um möglichst wenige Insekten bei dem Vorgang zu töten. Der Balkenmäher sollte auf eine Höhe von ca. 9 cm einstellbar sein. Ein Kreiselmäher saugt die Insekten in das rotierende Messer und nur wenige haben hier eine Chance, lebend zu entkommen. Die Anschaffung eines Balkenmähers liegt etwa bei 4.000,- €. Bei einer geschätzten Nutzungsdauer von. 9 Jahren entstehen also monatliche Kosten von ca. 35,- € / Balkenmäher.

Falls man einzelne Bereiche durch Ausbringen von weiteren Pflanzenarten aufwerten möchte, ist von einer Aussaat reiner Blühmischung, wie schon erwähnt, abzuraten. Allerdings könnte man auf kleinen Flächen Wildblumenwiesen aus Regiosaatgut ausbringen oder in großen Flächen Initialstreifen von ca. 2 Metern Breite anlegen, damit die Pflanzen von hier aus die ganzen Fläche besiedeln. Diese Umstellung würde geschätzt eine Investition in Höhe von 0,45 € / m2 (Saatgut inkl. Saatbettvorbereitung) mit sich bringen.


Hinweis:

Die Anschaffung von Saatgut ist zur Erhöhung der Biodiversität nicht unbedingt notwendig. Die alleinige Mahdumstellung reicht bereits aus, dauert aber eventuell etwas länger, dafür ist sie kostengünstig und man kann sofort alle Flächen auf einmal verbessern.

Zusammenfassend ist also festhalten, dass die einfache und kostengünstige Umstellung der Pflege öffentlicher Grünflächen auf ein zweischüriges Mahdkonzept die Biodiversität der Fauna und Flora auf den Flächen deutlich erhöht und das Stadtklima positiv beeinflusst sowie der Naturkontakt die menschliche Gesundheit fördert.

So erbringt Stadtnatur diverse Ökosystemleistungen, die ein wichtiger Schritt hin zu einer sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Stadtentwicklung sind.


Balkenmäher: 

1. AGRIA 5300 5300535 

2. AGRIA KOMMÜNALMÄHBALKEN 105 5347451 

3. AGRIA PAAR LAUFSOHLEN 5547951


Mit freundlichen Grüßen

Fraktion SPD                                    Fraktion VOLT